Donnerstag, 20. Oktober 2016

Fehlender Kinderbereuungsplatz – Schadensersatzanspruch der Eltern

Der Bundesgerichtshof hat sich heute in mehreren Entscheidungen mit der Frage befasst, ob Eltern im Wege der Amtshaftung  den Ersatz ihres Verdienstausfallschadens verlangen können, wenn ihren Kindern entgegen § 24 Abs. 2 SGB VIII ab Vollendung des ersten Lebensjahres vom zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt wird und sie deshalb keiner Erwerbstätigkeit nachgehen können. Die Klägerinnen der drei Parallelverfahren beabsichtigten, jeweils nach Ablauf der einjährigen Elternzeit ihre Vollzeit-Berufstätigkeit wieder aufzunehmen. Unter Hinweis darauf meldeten sie für ihre Kinder wenige Monate nach der Geburt bei der beklagten Stadt Bedarf für einen Kinderbetreuungsplatz für die Zeit ab der Vollendung des ersten Lebensjahres an. Zum gewünschten Termin erhielten die Klägerinnen von der Beklagten keinen Betreuungsplatz nachgewiesen. Für den Zeitraum zwischen der Vollendung des ersten Lebensjahres ihrer Kinder und der späteren Beschaffung eines Betreuungsplatzes verlangen die Klägerinnen Ersatz des ihnen entstandenen Verdienstausfalls. Der Bundesgerichtshof hat mögliche Amtshaftungsansprüche von Eltern gegenüber dem jeweiligen Träger der öffentlichen Jugendhilfe wegen nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellter Kinderbetreuungsplätze bejaht, wenn diese an der nicht zur Verfügungstellung ein  Verschulden trifft (BGH, Urteile vom 20. Oktober 2016 – III ZR 278/15, 302/15 und 303/15). Wird der Betreuungsplatz nicht zur Verfügung gestellt, so besteht hinsichtlich des erforderlichen Verschuldens des Amtsträgers zugunsten des Geschädigten der Beweis des ersten Anscheins. Auf allgemeine finanzielle Engpässe kann sich der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu seiner Entlastung nicht mit Erfolg berufen, weil er nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt - insbesondere: ohne "Kapazitätsvorbehalt" - einstehen muss.

Rechtsberatung Rechtsanwälte Kotz Siegen/Kreuztal/Olpe



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