Samstag, 9. Juli 2016

Nachbarrecht - was tun, wenn man Ärger mit dem Nachbarn hat?

Ob Grillgeruch, Lärm oder ein herüberhängender Ast vom Nachbargrundstück - Ursachen, die einen Streit unter Nachbarn heraufbeschwören können, gibt es viele. Doch was muss ich mir tatsächlich gefallen lassen und wo sind die Grenzen? Das Nachbarrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Nachbarn an der Grundstücksgrenze. Eine kurze Übersicht über ihre Rechte und Pflichten bietet Ihnen diese Broschüre. Vornehmlich wird dabei auf das Recht im Bundesland Nordrhein-Westfalen eingegangen.

Die gesetzlichen Grundlagen des Nachbarrechts
Das private Nachbarrecht wird unter anderem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, §§ 903 - 924, 1004) und in den Nachbarrechtsgesetzen der Länder geregelt. In Nordrhein-Westfalen ist dies das Nachbarrechtsgesetz NRW (NachbG NRW). Neben diesen wichtigsten Rechtsgrundlagen gibt es eine Vielzahl anderer Vorschriften. So kommen etwa zu den Gesetzen des privaten Nachbarrechts auch Gesetze aus dem öffentlich-rechtlichen Nachbarrecht. Beispielhaft zu nennen sind die Landesbauordnung, das Landespflegegesetz und das Immissionsschutzgesetz.

Anwendung der Gesetze
Alle nachbarrechtlichen Rechtsvorschriften zielen auf ein einvernehmliches Zusammenleben unter Nachbarn ab. Das wichtigste Mittel dies zu erreichen, ist dabei die Verständigung untereinander. Im Gegensatz zu den meisten öffentlich-rechtlichen Gesetzen, die -sofern keine besonderen Ausnahmen vorliegen- so gut wie immer zwingend von allen Bürgern einzuhalten sind, bietet das private Nachbarecht Spielraum, sich auch außerhalb des gesetzlichen Rahmens zu einigen und Vereinbarungen zu treffen, die den nachbarschaftlichen Frieden gewährleisten.

So können zum Beispiel bestimmte Grenzabstände von Bäumen oder Hecken individuell vereinbart werden. Solche Absprachen sind grundsätzlich frei von jeder Form. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, solche Vereinbarungen schriftlich festzuhalten.

Das Verfahren - Besonderheiten in NRW
Sieht man keine andere Möglichkeit einen Konflikt mit seinem Nachbarn zu lösen, als zu klagen, ist unbedingt zu beachten, dass nach § 53 Justizgesetz NRW (ehemals § 10 des Gütestellen- und Schlichtungsgesetzes NRW) eine Klage vor Gericht erst dann zulässig ist, wenn zuvor der Versuch einer außergerichtlichen Schlichtung bei einer Gütestelle stattgefunden hat und dieser erfolglos war.


Wieviel Lärm muss man dulden?
Lärm ist der häufigste Grund, der zu Streit unter Nachbarn führt. Musik (aus der Stereoanlage oder selbsterzeugt), Rasenmäher, Hundegebell, spielende Kinder und vieles mehr verursachen oft einen sehr hohen Geräuschpegel. Was man als Nachbar ertragen muss und was nicht haben die Gerichte in unzähligen Einzelfallentscheidungen beurteilt. Grundsätzlich aber gilt, dass Lärm generell nicht verursacht werden darf und nur ortsüblicher und nicht wesentlich störender Lärm geduldet werden muss (§ 906 BGB). Anhaltspunkte bieten einzelne Vorschriften wie die Freizeitlärmrichtlinie oder die Geräte- und Maschinenlärm-verordnung. Unterscheiden muss man auch zwischen Lärm am Tag und in der Nacht, oder zu speziellen Ruhezeiten.

Will man gegen den Lärmverursacher vorgehen, ist es ratsam ein Lärmprotokoll (Dauer, Häufigkeit und Uhrzeit des Lärms) anzufertigen oder Zeugen hinzuzuziehen.

Unter Umständen kann Lärm auch zu einer Minderung des Mietpreises führen.

Auch für Grillfeste gilt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme. Jeder Lärm ist grundsätzlich zu vermeiden. Nachbarn müssen solche Feste nur im üblichen Maße hinnehmen. Häufigkeit (nach herrschender Meinung übrigens bis zu vier Mal im Jahr) und Uhrzeit spielen in diesem Zusammenhang eine Rolle. Einen Anspruch, einmal im Monat laut sein und die Nachbarn stören zu dürfen, gibt es -trotz weitverbreiteter Meinung- nicht. Vielmehr muss man auch an Grillabenden ab 22.00 Uhr den Geräuschpegel im Garten auf Zimmerlautstärke senken. Sollten die Gäste dennoch zu laut sein, kann dies dem Gastgeber zugerechnet werden.

Auch Silvester-, Karneval-, und Hochzeitenveranstaltungen rechtfertigen grundsätzlich keine laute Feier bis in die frühen Morgenstunden im Freien, es sei denn, dass diese von den Gerichten als „ortsüblich“ angesehen werden.

Gerüche aus Nachbars Garten
Ähnlich wie beim Lärm, verhält es sich bei Gerüchen, die aus dem benachbarten Garten stammen. Auch diese müssen bis zu einem bestimmten Maß geduldet werden, wenn sie als ortsüblich und nicht wesentlich angesehen werden. Einen Komposthaufen muss man dulden, solange der von ihm ausgehende Geruch keine wesentliche Beeinträchtigung darstellt, oder eine Gefahr durch Ungezieferbefall von ihm ausgeht. Allein ein hässlicher Anblick ist kein Grund für einen Unterlassungsanspruch. Allerdings ist bei der Wahl des Aufstellortes seines Komposthaufens das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu beachten. Bei großen Grundstücken sollte daher eine möglichst weit vom Nachbargrundstück entfernt gelegene Stelle gewählt werden. Ein Platzieren eines Komposthaufens aus Schikane gegenüber dem Nachbarn ist somit unrechtmäßig.

Pflanzen, Sträucher und Bäume
Immer wieder sorgen herüberragende Äste, Wurzeln oder Laub für Ärger.
Wurzeln, die vom Nachbargrundstück herüberwachsen und das eigene Grundstück beeinträchtigen, darf man eigenständig entfernen oder entfernen lassen. Jedoch empfiehlt es sich dem Besitzer zunächst eine Frist zur eigenständigen Beseitigung zu setzen. Bei überhängenden Ästen, muss dem Besitzer des Nachbargrundstücks zuvor eine angemessene Frist zur Beseitigung gestellt werden, bevor man diese selbst vornimmt. Gegen herüberfallendes Laub dagegen kann man nur in seltenen Ausnahmefällen etwas unternehmen, da dies als ortsüblich angesehen werden muss. Durch Laub entstehende erhebliche Reinigungsarbeiten können aber unter Umständen ersetzt verlangt werden. Verwildert der Nachbargarten, so ist dies einem oft „ein Dorn im Auge“. Dagegen vorgehen kann man allerdings nur, wenn dadurch zum Beispiel erhebliche Samen- und Blütenmengen auf das eigene Grundstück gelangen und der eigene Garten dadurch in hohem Maße beeinträchtigt wird. Hingegen reichen rein ästhetische Gründe und abweichende Vorstellungen eines schönen Gartens nicht aus, seinen Nachbarn auf gerichtlichem Wege erfolgreich zu einer Umgestaltung seiner Gartenanlage zu bewegen. Fallen nicht nur Samen oder Blüten, sondern ganze Früchte vom Nachbargrundstück auf das eigene, so darf man diese hingegen behalten. Für  Hecken und Bäume sieht das Nachbarrechtsgesetz (NachbG NRW)in Streitfällen spezielle Abstände zum benachbarten Grundstück vor. Je nach Größe und Wachstum liegen diese zwischen 0,5 und 4,0 Metern.

Tierhaltung
Das Halten von Hunden, Katzen und anderen Kleintieren gehört zur üblichen Grundstücksnutzung und ist grundsätzlich nicht verboten. In Mietwohnungen wird die Haltung meist durch die Hausordnung geregelt. Untersagen kann man die Tierhaltung erst, wenn von einem Tier eine Gefahr ausgeht, oder erhebliche Lärm- oder Geruchbelästigungen entstehen. Entsteht durch ein Tier ein Schaden, muss der Tierhalter dafür haften, auch ohne Verschulden.

 

Zäune
In den meisten Fällen kann frei entschieden werden, ob man eine Einfriedung seines Grundstücks vornimmt oder nicht. Darüber hinaus kann es aber sein, dass das Errichten von Zäunen von öffentlicher Seite zwingend vorgeschrieben, oder umgekehrt gerade verboten ist. Oft finden sich solche Bestimmungen in den Anlagen zu Bebauungsplänen (gerade in Neubaugebieten). Auch für Zäune gilt als Maßstab für Art, Höhe, Duldung oder Notwendigkeit einer Errichtung, ob diese als ortsüblich anzusehen sind.

Rechtsberatung Rechtsanwälte Kotz Siegen/Kreuztal/Olpe

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