Gewährt der Arbeitgeber zusätzlich zu dem vereinbarten
monatlichen Gehalt eine einmalige Sonderzahlung, ist zunächst durch Auslegung zu
ermitteln, ob er sich nur zu der konkreten Leistung oder darüber hinaus auch
für die Zukunft verpflichtet hat. Eine dauerhafte Verpflichtung kann sich
insbesondere aus einem Verhalten mit einem Erklärungswert, wie einer
betrieblichen Übung, ergeben. Auch wenn keine betriebliche Übung besteht, weil
der Arbeitgeber eine Zahlung nur an einen Arbeitnehmer vorgenommen hat und
damit das kollektive Element fehlt, kann für diesen durch die Leistungsgewährung
ein Anspruch entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer aus
einem tatsächlichen Verhalten des Arbeitgebers auf ein Angebot schließen
konnte, das durch schlüssiges Verhalten angenommen hat.
Der Vergütungscharakter ist eindeutig, wenn die
Sonderzahlung an das Erreichen quantitativer oder qualitativer Ziele geknüpft
ist. Macht die Zahlung einen wesentlichen Anteil der Gesamtvergütung des
Arbeitnehmers aus, handelt es sich gleichfalls regelmäßig um Arbeitsentgelt,
das als Gegenleistung zur erbrachten Arbeitsleistung geschuldet wird. Wird die
Zahlung erbracht, ohne dass weitere Anspruchsvoraussetzungen vereinbart sind,
spricht dies ebenfalls dafür, dass die Sonderzahlung als Gegenleistung für die
Arbeitsleistung geschuldet wird. Gleiches gilt, wenn die Höhe der Leistung nach
der vom Arbeitgeber getroffenen Zweckbestimmung vom Betriebsergebnis abhängt.
Auch in diesem Fall handelt es sich grundsätzlich um eine Gegenleistung des
Arbeitgebers für erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers, da die
synallagmatische Verknüpfung dieser Leistungen nicht durch die Abhängigkeit des
gezahlten Entgelts von einem Unternehmensergebnis im maßgeblichen
Bezugszeitraum in Frage gestellt wird.
Will der Arbeitgeber andere Zwecke als die Vergütung der
Arbeitsleistung verfolgen, muss sich dies deutlich aus der zugrunde liegenden
Vereinbarung ergeben. So können Sonderzahlungen als Treueprämie erwiesene oder
als „Halteprämie“ künftige Betriebstreue honorieren; der Arbeitgeber kann aber
auch den Zweck verfolgen, sich an den zum Weihnachtsfest typischerweise
erhöhten Aufwendungen seiner Arbeitnehmer zu beteiligen. Ist die Honorierung
künftiger Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch sichergestellt,
dass die Sonderzuwendung nur bei Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über
einen Stichtag hinaus bis zum Ende eines dem Arbeitnehmer noch zumutbaren
Bindungszeitraums gezahlt wird oder der Arbeitnehmer diese zurückzuzahlen hat,
wenn das Arbeitsverhältnis vor Ablauf zumutbarer Bindungsfristen endet. Ist die
Honorierung erwiesener Betriebstreue bezweckt, wird dies regelmäßig dadurch
sichergestellt, dass die Zahlung der Sonderzuwendung vom (ungekündigten)
Bestand des Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag abhängig gemacht wird. Ein
weiteres Merkmal derartiger Zahlungen ist, dass sie nicht von einer bestimmten
Arbeitsleistung, sondern regelmäßig nur vom Bestand des Arbeitsverhältnisses
abhängen.
Gewährt der Arbeitgeber auf einseitig vorgegebener
vertraglicher Grundlage eine Sonderzahlung, die auch Gegenleistung für die vom
Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung ist, kann die Sonderzahlung nicht vom
Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des Jahres abhängig gemacht
werden, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde. Eine solche Klausel
benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb nach § 307 Abs. 1
Satz 1 BGB unwirksam. Der Wert der Arbeitsleistung für den Arbeitgeber hängt
von ihrer Qualität und vom Arbeitserfolg ab, regelmäßig jedoch nicht von der
reinen Verweildauer des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis. Die Belohnung
zunehmender Beschäftigungsdauer als solcher steht nicht in einem Verhältnis zur
Qualität und zum Erfolg der Arbeitsleistung. Die einmal erbrachte
Arbeitsleistung gewinnt auch regelmäßig nicht durch bloßes Verharren des
Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis nachträglich an Wert. Dies gilt gemäß § 310
Abs. 3 Nr. 2 BGB auch bei sog. „Einmal-Bedingungen“, wenn der Arbeitnehmer
aufgrund der Vorformulierung oder einseitigen Vorgabe durch den Arbeitgeber auf
deren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte.
BUNDESARBEITSGERICHT, Urteil vom 13.05.2015, Az.: 10 AZR
266/14
Arbeitsrecht Siegen/Kreuztal/Olpe – Rechtsanwälte Kotz
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