Ist
der Schuldner vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder während des
Verfahrens Erbe geworden, fällt der Nachlass bis zur Annahme oder zur
Ausschlagung (§§ 1942 ff BGB) vorläufig in die Masse (§ 1922 Abs. 1 BGB, § 35
Abs. 1 InsO). Die Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft steht wegen ihrer
höchstpersönlichen Natur ausschließlich dem Schuldner zu (§ 83 Abs. 1 InsO).
Die wirksame Ausschlagung beseitigt den Anfall der Erbschaft von Anfang an (§ 1953
Abs. 1 BGB). Hat der Erbe die Erbschaft angenommen, kann er sie gemäß § 1943
BGB nicht mehr ausschlagen, es tritt hinsichtlich der Erbschaft Vollerwerb ein.
Ab diesem Zeitpunkt ist der Nachlass endgültig Bestandteil der Insolvenzmasse,
aus der die Nachlassgläubiger und die Eigengläubiger des Erben (Erbengläubiger)
zu befriedigen sind, sofern nicht eine Trennung der Vermögensmassen durch
Insolvenzverwalter, Erben oder Nachlassgläubiger herbeigeführt wird, wonach die
Zwangsvollstreckung wegen einer Verbindlichkeit des Erben in den Nachlass vor
der Annahme der Erbschaft nicht zulässig ist (BGH, Urteil v. 20.12.2012, Az. IX
ZR 56/12).
Die
Ausschlagung einer Erbschaft ist der Insolvenzanfechtung entzogen, auch wenn
der Ausschlagende im Einvernehmen mit dem an seine Stelle tretenden Erben mit
dem Vorsatz der Gläubigerbenachteiligung gehandelt hat. Denn die Anfechtung
würde im Widerspruch zu der Regelung des § 83 Abs. 1 InsO stehen und die
gesetzgeberische Entscheidung außer Kraft setzen. Wenn aber die Ausschlagung
einer bereits angefallenen Erbschaft nicht anfechtbar ist, kann noch weniger
der Erbverzicht (§§ 2346 ff BGB) anfechtbar sein. Denn der Verzichtende gibt -
bezogen auf die Erbenstellung - noch nicht einmal eine vorläufige
Rechtsposition auf, sondern nur die Aussicht auf ein künftiges Erbrecht. Aus
den nämlichen Gründen begeht der Erbe auch keine Obliegenheitsverletzung nach §
295 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wenn er die ihm in der Wohlverhaltensperiode angefallene
Erbschaft ausschlägt.
Entsprechendes
gilt für den Vermächtnisnehmer. Seine Forderung kommt - wenn der Erblasser
nichts anderes bestimmt hat - mit dem Erbfall zur Entstehung (§ 2176 BGB) und
fällt in die Masse. Der Vermächtnisnehmer kann das Vermächtnis jedoch - wie der
Erbe die Erbschaft - annehmen oder ausschlagen (§ 2180 BGB). Auch dieses Recht
steht als höchstpersönlichem Recht in seiner Insolvenz allein dem Schuldner zu
(§ 83 Abs. 1 InsO). Die Ausschlagung des Vermächtnisses ist ebenso wenig
anfechtbar wie der Verzicht auf das Vermächtnis. Auch die Ausschlagung des
Vermächtnisses und der Verzicht stellen folgerichtig keine
Obliegenheitsverletzung im Sinne von § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO dar.
Der
Anspruch auf den Pflichtteil (§ 2303 BGB) entsteht ebenfalls mit dem Erbfall (§
2317 Abs. 1, § 1922 Abs. 1 BGB). Von diesem Zeitpunkt an gehört er zum Vermögen
des Pflichtteilsberechtigten. Gleichwohl ist § 852 Abs. 1 ZPO so zu verstehen,
dass vor der Anerkennung des Pflichtteilsanspruchs durch den Erben oder der
Rechtshängigkeit des Anspruchs die Gläubiger des Pflichtteilsberechtigten den
in seiner zwangsweisen Verwertbarkeit aufschiebend bedingten
Pflichtteilsanspruch nur pfänden, nicht jedoch auf sich überweisen lassen
können. Als pfändbares Vermögen gehört der Anspruch nur vorläufig zur
Insolvenzmasse. Wegen der familiären Verbundenheit zwischen dem Erblasser und
dem Pflichtteilsberechtigten ist allein diesem die Entscheidung darüber
vorbehalten, ob der Anspruch gegenüber dem Erben durchgesetzt werden soll. Dieses
persönliche Entscheidungsrecht des Schuldners darf nicht durch Anwendung der
Anfechtungsvorschriften unterlaufen werden. Deswegen stellt der Verzicht auf die
Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruchs in der Wohlverhaltensphase ebenfalls
keine Obliegenheitsverletzung des Schuldners dar.
Erbrecht
Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz
Siegener
Straße 104
57223
Kreuztal
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