Nach § 81 Abs. 2 VVG führt ein grob fahrlässiges
Herbeiführen eines Versicherungsfalles zu der Berechtigung des Versicherers
abhängig von der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers die Leistung
in einem entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Das Herbeiführen eines
Versicherungsfalles kann durch positives Tun oder aber auch durch Unterlassen
herbeigeführt werden. Ein Herbeiführen des Versicherungsfalles durch ein
Unterlassen liegt dann vor, wenn der Versicherungsnehmer das ursächliche
Geschehen in der Weise beherrscht, dass er die Entwicklung und die drohende
Verwirklichung der Gefahr zulässt, obwohl er die geeigneten Mittel zum Schutze
des versicherten Interesses in der Hand hat und bei zumutbarer Wahrnehmung
seiner Belange ebenso davon hätte Gebrauch machen können. Damit andererseits
der Versicherungsschutz nicht unangemessen beschränkt wird, muss der
Versicherungsnehmer das zum Versicherungsfall führende Geschehen gekannt haben.
Dabei ist notwendig und ausreichend die Kenntnis von Umständen aus denen sich
ergibt, dass der Eintritt des Versicherungsfalles in den Bereichen der
praktisch unmittelbar in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten gerückt ist. Nach
der o.g. Rechtsprechung des BGH sind Fahrzeugschlüssel, die im Wageninneren
aufbewahrt werden generell ungenügend gesichert. So stellt nach der
Rechtsprechung des BGH ein Handschuhfach grundsätzlich einen ungeeigneten Platz
für die Aufbewahrung von Fahrzeugschlüsseln dar. Erfahrungsgemäß, so der
Bundesgerichtshof, halten Diebe gerade im Handschuhfach Nachschau, weil sie mit
einer durchaus verbreiteten Unsitte rechnen, dass dort neben Wertsachen,
Kraftfahrzeugpapiere und Schlüssel aufbewahrt werden. Vor diesem Hintergrund,
so der BGH, ist der vertragsgemäß vorausgesetzte Sicherheitsstandard erheblich
herabgesetzt, wenn Reserveschlüssel im Handschuhfach aufbewahrt werden, mögen
auch Lenkradschloss und Wagentür verriegelt gewesen sein. Im vorliegenden Fall war
es so, dass der Werkstattschlüssel im Handschuhfach verwahrt wurde. Das
Handschuhfach war nach den Angaben der Versicherungsnehmerin nicht abgeschlossen.
Die in § 81 Abs. 2 VVG geforderte grobe Fahrlässigkeit setzt voraus, dass die
im Verkehr erforderliche Sorgfalt durch ein auch subjektiv unentschuldbares
Fehlverhalten in hohem Maß außer Acht gelassen worden ist. Es muss sich auch in
subjektiver Hinsicht um ein gegenüber einfacher Fahrlässigkeit gesteigertes
Verschulden handeln. Es ist allgemein bekannt, dass in geparkte Fahrzeuge
eingebrochen wird. Allgemein ist auch bekannt, dass der Einbruch in einen Pkw
im Vergleich zu einem Einbruch in ein Haus für den Täter ein überschaubareres
Risiko darstellt. Zudem wird sowohl, im allgemeinen Parkraum durch
Hinweisschilder sowie auch öffentlich durch die Polizei regelmäßig davor
gewarnt, Wertgegenstände in einem PKW zu verwahren. Das Verwahren eines
Fahrzeugschlüssels in einem Handschuhfach im Inneren eines Fahrzeuges stellt
immer eine bewusste Inkaufnahme der vorgenannten Risikofaktoren dar. Das
Verwahren eines Fahrzeugschlüssels in dem Handschuhfach eines Fahrzeugs stellt grundsätzlich
keinen tauglichen Sicherheitsstandard dar, um das zu dem Fahrzeugschlüssel
zugehörige Fahrzeug vor Diebstahl zu schützen. Anders ist dies zu bewerten,
wenn der Fahrzeugschlüssel im Wohnhaus verwahrt wird. Grundsätzlich ist die
Hemmschwelle in ein Fahrzeug einzusteigen, geringer wie in ein Wohnhaus
einzusteigen. Dem Dieb ist es ein leichtes sich in Bezug auf ein Kraftfahrzeug
einen hinreichenden Überblick zu verschaffen, ob Personen in der Nähe
befindlich sind bzw. sich im Fahrzeug befinden. Dies ist bei einem Wohnhaus
gerade nicht möglich. Im Hinblick auf die hiernach bestehende Hemmschwelle in
Bezug auf Einbrüche in Wohnungen stellt daher das Verwahren des
Fahrzeugschlüssels im Wohnraum selber einen hinreichenden Sicherheitsstandard
dar, sofern Türen und Fenster verschlossen sind. Der von einem Dieb zu
überwindende Widerstand ist ungleich höher wie der zu überwindende Widerstand
bei einem Fahrzeug. Das Verwahren des Fahrzeugschlüssels im Handschuhfach
stellt kein hinreichend sicheres Verwahren dar. Wird das Fahrzeug aufgrund des
Verwahrens eines Reserveschlüssels im Handschuhfach gestohlen, kann die
Vollkaskoversicherung die Versicherungsleistung nach § 81 Abs. 2 VVG um 50 %
kürzen (AG Rheinbach, Urteil vom 09.07.2013, Az.: 10 C 114/13).
Versicherungsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz
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