Freitag, 31. Mai 2013

Testament in Bildern oder als Pfeildiagramm zulässig?

Nach § 2247 Absatz 1 BGB kann der Erblasser ein Testament durch eine eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung errichten. Zweck dieses Schriftformerfordernisses ist es insbesondere, den wirklichen Willen des Erblassers zur Geltung kommen zu lassen, in dem es die Selbständigkeit dieses Willens des Erblassers nach Möglichkeit verbürgt und die Echtheit seiner Erklärungen so weit wie möglich sicherstellen soll. Darüber hinaus gewährleistet das eigenhändige Niederlegen in Schriftform einen gegenüber mündlicher Erklärung oder einfacher Schriftform gesteigerten Überlegungs- und Übereilungsschutz. Durch das Schriftformerfordernis wird der Erblasser somit auch angehalten, seinen letzten Willen wohlüberlegt niederzulegen. Dem entspricht es, die Voraussetzungen des „eigenhändig geschriebenen“ Testaments eng auszulegen und als eigenhändig geschrieben nur ein solches Testament anzusehen, das nicht nur von dem Erblasser persönlich abgefasst und niedergelegt, sondern auch von ihm in der ihm eigenen Schrift geschrieben und damit in einer Art und Weise errichtet worden ist, welche die Nachprüfung der Echtheit des Testaments auf Grund der individuellen Züge, die die Handschrift eines jeden Menschen aufweist, gestattet. Daher entspricht beispielsweise die Anordnung des letzten Willens in Bildern oder als Pfeildiagramm nicht der gesetzlichen Form und ist daher unwirksam (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.02.2013, Az.: 20 W 542/11).
 
 

Erbrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Donnerstag, 30. Mai 2013

Ausbildungsunterhaltsanspruch gegenüber den Eltern


Nach § 1610 BGB hat ein Kind gegenüber seinen Eltern einen Anspruch auf angemessenen Unterhalt für den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten für eine angemessene Ausbildung zu einem Beruf. Jedes Kind hat grundsätzlich Anspruch auf eine Berufsausbildung. Der Ausbildungsanspruch und Ausbildungsunterhalt kann daher durch die Eltern nur dann versagt werden, wenn das Kind nachhaltig über einen längeren Zeitraum seine Ausbildungsobliegenheit verletzt und den Eltern - nach deren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen - weitere Unterhaltsleistungen nicht mehr zugemutet werden können. Danach hat ein Kind, das nach dem Schulabschluss nicht sogleich eine Ausbildung begonnen hat, um bspw. zur "Selbstfindung" eine Weltreise zu unternehmen, mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch. Es ist vielmehr darauf zu verweisen, seinen Bedarf durch eigene (ungelernte) Arbeit oder aus eigenem Vermögen zu decken. Dadurch verliert das Kind aber nicht den Anspruch auf eine (dann später noch begonnene) angemessene Ausbildung. So kann auch ein 24-jähriges Kind jedenfalls dann eine Ausbildung oder ein Studium beginnen, wenn die Eltern unter Abwägung aller Umstände noch damit rechnen mussten, auf Unterhalt in Anspruch genommen zu werden. Von einem jungen Menschen kann nicht unbedingt von Beginn an eine zielgerichtet richtige Entscheidung in der Frage der Berufswahl erwartet werden. Dem Kind ist deshalb in der Regel eine Orientierungsphase zuzubilligen, deren Dauer unterschiedlich ist und sich nach Alter, Entwicklungsstand und den gesamten Lebensumständen richtet. Die Orientierungsphase eines Kindes darf bei einem Studium max. 2 höchstens 3 Semestern andauern, wobei aber auch hier die besonderen Umstände des Einzelfalles zu beachten sind, so dass unter Umständen auch noch eine längere Orientierungsphase zugebilligt werden kann (Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 05.02.2013, Az.: 7 UF 166/12).
 

Familienrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Gebrauchtwagenkauf – Abkürzung der Sachmängelgewährleistungsfrist unwirksam

Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger, die für Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln eine lediglich einjährige Verjährungsfrist vorsehen sind unwirksam. Im Fall befanden sich nachfolgende unwirksame Klauseln im Vertrag: "VI. Sachmangel: Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. VII. Haftung: Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen nach Maßgabe dieser Bedingungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt: Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten und ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. Diese Beschränkung gilt nicht bei Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit. …". Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, mit der die gesetzliche Verjährungsfrist für die Ansprüche des Käufers wegen eines Mangels der verkauften Sache abgekürzt wird, sind nach der Rechtsprechung des BGH wegen Verstoßes gegen die Klauselverbote des § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB insgesamt unwirksam ist, wenn die in diesen Klauselverboten bezeichneten Schadensersatzansprüche nicht von der Abkürzung der Verjährungsfrist ausgenommen werden. Sind AGB-Klauseln in Kaufverträgen unwirksam gilt die gesetzliche Verjährungsfrist von 2 Jahren (bei arglistiger Täuschung 3 Jahre) nach § 438 BGB (BGH, Urteil vom 29.05.2013, Az.: VIII ZR 174/12).



Vertragsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Dienstag, 28. Mai 2013

Verkehrssicherungspflichten im Baumarkt/Supermarkt

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH und der Obergerichte ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, so z.B. auch der Betreiber eines Baumarktes oder Supermarktes, dazu verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer (z.B. Besucher und Kunden) möglichst zu verhindern. Dabei ist zu beachten, dass eine Verkehrssicherung, die jede Schädigung ausschließt, nicht zu erreichen und nach der berechtigten Verkehrsauffassung auch nicht zu erwarten ist. Deshalb umfasst die rechtlich gebotene Verkehrssicherung lediglich die Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Diese Verpflichtung trifft auch ein Einzelhandelsunternehmen in Bezug auf seine Geschäftsräume. Es hat in den Grenzen des technisch Möglichen und wirtschaftlich Zumutbaren dafür zu sorgen, dass die Kunden durch die angebotene Ware und den Zustand der Geschäftsräume – insbesondere auch des Fußbodens – keine Schäden erleiden. Der Umfang der Kontrollpflichten hängt dabei von den Umständen des Einzelfalls ab – u.a. von der Kundenfrequenz, der Witterung sowie dem von den zum Verkauf angebotenen Waren ausgehenden Gefahrenpotential. So besteht in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes, in der die Kunden die Ware selbst auswählen und abwiegen, ein großes Risiko, dass dabei Teile auf den Boden fallen und eine Gefahr des Ausrutschens verursachen. Aus diesem Grunde sind dort die Verkehrssicherungspflichten besonders streng. Es muss organisatorisch sichergestellt werden, dass eine bestimmte Person in regelmäßigen und kurzen Abständen von 15 bis 20 Minuten den Boden reinigt und dass dies auch durch die Laden- und Abteilungsaufsicht überwacht wird. Für einen Selbstbedienungs-Drogeriemarkt hat das OLG Hamm hingegen eine regelmäßige Kontrolle im Abstand von 30 Minuten als ausreichend angesehen, weil dessen Warensortiment nur ausnahmsweise eine Rutschgefahr begründe. Als ausreichend wurde auch angesehen, wenn sich in einem Warenhaus ein mit der Ladensicherheit betrauter Mitarbeiter ständig dort aufhält und alle Mitarbeiter angewiesen sind, auf Verunreinigungen zu achten und diese zu beseitigen oder zu melden. Für einen Lebensmittelmarkt mit einer Größe von 650 m² ist es als ausreichend angesehen worden, wenn alle Mitarbeiter angewiesen sind, den Zustand des Bodens regelmäßig zu kontrollieren und Verunreinigungen sogleich zu beseitigen, und wenn der Filialleiter die Einhaltung dieser Weisung regelmäßig – im Kassenbereich im Abstand von 10 bis 15 Minuten – kontrolliert. Bei einem durchschnittlich starken Kundenaufkommen ist in einem Baumarkt mit Pflanzenverkauf eine Kontrolle, insbesondere des Kassenbereichs, im Abstand von 30 Minuten erforderlich. Die generelle Anweisung an alle Mitarbeiter, auf Verunreinigungen insbesondere im Kassenbereich zu achten, ist nur dann ausreichend, wenn eine Person für die regelmäßige Kontrolle dieser Anweisung verantwortlich ist und diese auch in kurzen Abständen durchführt. Werden die vorgenannten Verkehrssicherungspflichten verletzt, so haftet der Baumarkt oder Supermarkt dem geschädigten bzw. verletzten Kunden/Besucher auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld (Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.03.2013, Az.: 9 U 187/12).
 
 

Schadensersatzrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Montag, 27. Mai 2013

Jobcenter – Rückforderung der gezahlten Miete vom Vermieter?

Ein Vermieter, dem das Jobcenter die Wohnungsmiete eines Leistungsberechtigten direkt überweist, erhält dadurch keinen Leistungsanspruch gegenüber dem Jobcenter, sondern nur eine Empfangsberechtigung für die erhaltene Miete. Durch die Direktzahlung des Jobcenters an den Vermieter erbringt das Jobcenter eine Leistung an den Leistungsberechtigten, dem das Arbeitslosengeld II bewilligt wurde. Wenn die Leistungsbewilligung des Leistungsberechtigten rechtswidrig ist oder wird, kann das Jobcenter den Bescheid nur gegenüber dem Leistungsberechtigten zurücknehmen oder aufheben und von diesem die Erstattung der an den Vermieter überwiesenen Miete verlangen. Den Vermieter kann das Jobcenter nicht durch Verwaltungsakt zur Erstattung der erhaltenen Mieten verpflichten (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 21.01.2013, Az.: L 7 AS 381/12).
 
 

Mietrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Sonntag, 26. Mai 2013

Verkehrslärm aufgrund von Straßenbauarbeiten - Mietminderung

Eine vorübergehende erhöhte Verkehrslärmbelastung aufgrund von Straßenbauarbeiten stellt unabhängig von ihrer zeitlichen Dauer jedenfalls dann, wenn sie sich innerhalb der in Innenstadtlagen üblichen Grenzen hält, keinen zur Minderung berechtigenden Mangel der vermieteten Wohnung dar (BGH, Urteil vom 19.12.2012, Az.: VIII ZR 152/12).
 
 

Mietrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Samstag, 25. Mai 2013

Solar-/Photovoltaik-Anlage - Entfernungsanspruch des Nachbarn bei Blendung

Besteht lediglich eine geringe Blendwirkung durch eine auf dem Boden oder einem Haus installierte Photovoltaik-Anlage auf die Grundstücke der umliegenden Nachbarn, ist die Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs durch die Nachbarn ausgeschlossen. Im vorliegenden Fall lag lediglich eine geringe Blendung durch die Photovoltaik-Anlage vor, die von den installierten Photovoltaik-Modulen ausging. Im Frühjahr und Herbst lag eine Blendwirkung für jeweils ca. 4 - 6 Wochen zwischen 14.00 Uhr und 15.00 Uhr bei einer maximalen täglichen Blendwirkung von ca. 1 Stunde bei einer Sonnenwahrscheinlichkeit im Frühjahr von ca. 1/3 des aufgeführten Zeitraums und im Herbst von ca. der Hälfte des Zeitraums vor. Auch der Einbau von neuen Anti-Reflektions-Modulen mit zu erwartenden Kosten in Höhe von ca. 16.000,00 Euro, ohne dass dadurch eine zukünftige Blendung der Nachbarn ausgeschlossen werden konnte, war den Photovoltaik-Anlagen-Eigentümern nach Auffassung des OLG Stuttgart nicht zumutbar (OLG Stuttgart, Urteil vom 30.04.2013, Az.: 3 U 46/13). Nachbarn haben mithin keinen Anspruch auf die Beseitigung einer Photovoltaik-Anlage von dem Gebäude des Photovoltaik-Anlagen-Eigentümers, wenn sie die Lichteinwirkungen der Anlage auf ihre Wohnung bzw. auf ihr Grundstück wegen Geringfügigkeit dulden müssen.



Baurecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Freitag, 24. Mai 2013

Wohngebäudeversicherung – Leitungswasserschaden nach Wechsel der Versicherung

Kann ein Versicherungsnehmer, der seinen Wohngebäudeversicherer gewechselt hat, in einem Schadensfall nach dem Wechsel der Wohngebäudeversicherung nicht nachweisen, zu welcher Zeit ein Leitungs-Wasserschaden aufgrund defekter Leitungen (z.B. Wasserleitungen oder Heizungsleitungen) eingetreten ist, so dass nicht geklärt werden kann, welcher der Versicherer für den Schaden einzustehen hat, geht diese Unklarheit zu Lasten des Versicherungsnehmers. Diese Beweis- und Darlegungsnot des Versicherungsnehmers kann in der Regel weder prozessrechtlich noch materiell-rechtlich überwunden werden (OLG Celle, Urteil vom 10.05.2012, Az.: 8 U 213/11). Daher sollte man sich immer sehr genau überlegen, ob man eine Wohngebäudeversicherung z.B. nach einem Hauskauf wechselt. In einem Schadensfall sollte man immer alle beschädigten Leitungen etc. aufheben, um ggfls. über ein Sachverständigengutachten klären zu lassen, seit wann die Leitungen bereits einen Schaden aufgewiesen haben.
 
 

Versicherungsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Donnerstag, 23. Mai 2013

Arbeitszeit – Dauer bei fehlender Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Ist in einem Arbeitsvertrag die Dauer der Arbeitszeit nicht ausdrücklich geregelt, so gilt die betriebsübliche Arbeitszeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber als vereinbart. Nach ihr bemessen sich die Pflichten des Arbeitnehmers zur Arbeitsleistung und des Arbeitgebers zur Zahlung der Vergütung. Diese Grundsätze gelten auch für außertarifliche Angestellte (BAG, Urteil vom 15.05.2013, Az.: 10 AZR 325/12).
 
 

Arbeitsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Privatgutachten – Berücksichtigung im Gerichtsverfahren

Der Richter hat in einem Gerichtsverfahren allen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen. Insbesondere hat er Einwendungen einer Partei gegen das Gutachten eines gerichtlichen Sachverständigen zu berücksichtigen und er ist dazu verpflichtet, sich mit einem von der Partei vorgelegten Privatgutachten auseinander zu setzen und auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, wenn sich ein Widerspruch des Privatgutachten zum Gerichtsgutachten ergibt (BGH, Az.: V ZR 204/12, Beschluss vom 21.03.2013).
 
 

Rechtsberatung Rechtsanwälte Kotz Siegen/Kreuztal

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Dienstag, 21. Mai 2013

Fahrerlaubnisentziehung wegen politischer Äußerungen

Allein aus politischen Äußerungen des Fahrerlaubnisinhabers gegenüber Behörden können sich grundsätzlich keine Bedenken gegen seine körperliche oder geistige Fahreignung im Sinne des § 11 Abs. 2 FeV (= Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel hinweisen) ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die politischen Äußerungen unausgegoren, abwegig und abstrus erscheinen (VG Sigmaringen, Beschluß vom 27.11.2012, Az.: 4 K 3172/12).
 
 

Bußgeld Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Montag, 20. Mai 2013

Geschwindigkeitsmessung durch Hinterherfahren zur Nachtzeit - Anforderungen

Voraussetzung für die Verwertbarkeit einer Messung durch Nachfahren ist die Einhaltung einer Mindestmessstrecke und eines gleichbleibenden, nicht zu großen Abstandes. Wird eine Geschwindigkeitsmessung durch Hinterherfahren allerdings zur Nachtzeit durchgeführt, so verlangt die Rechtsprechung grundsätzlich zudem auch Feststellungen zur Sicht und zur Beleuchtungssituation vor Ort, um die Zuverlässigkeit der Messung des stets gleichbleibenden Abstandes und der Messstrecke nachvollziehen zu können. Dies gilt umso mehr, je größer der Abstand zum gemessenen Fahrzeug ist, insbesondere bei Abständen von 100 m und mehr außerhalb geschlossener Ortschaften werden in der Rechtsprechung eingehende Feststellungen zu den Sichtverhältnissen und zu den Orientierungspunkten zur Überprüfung der Messbedingungen verlangt.  Aus den Feststellungen zur Messung einer Geschwindigkeitsüberschreitung durch Hinterherfahren zur Nachtzeit muss sich daher grundsätzlich ergeben, an welchen äußeren Anzeichen die Messbeamten die Einhaltung des gleichbleibenden Abstandes zum gemessenen Fahrzeug erkannt haben. Solcher Feststellungen bedarf es allerdings dann nicht, wenn sich das gemessene Fahrzeug ständig im Lichtkegel des folgenden Polizeifahrzeuges befunden hat (OLG Celle, Beschluss vom 11.03.2013, Az.: 322 SsBs 69/13).
 
 

Bußgeld Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Aufsichtspflicht und Haftung für minderjährige Kinder durch Eltern bzw. Aufsichtspflichtige

Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist gemäß § 828 BGB für einen Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Wer das siebente, aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat. Wer das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist für den Schaden, den er einem anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat.

Das Maß der gebotenen Kinderaufsicht durch die Eltern bzw. Aufsichtspflichtigen bestimmt sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie danach, was den Eltern bzw. Aufsichtspflichtigen in ihren jeweiligen Verhältnissen zugemutet werden kann. Entscheidend ist, was verständige Eltern bzw. Aufsichtspflichtige nach vernünftigen Anforderungen unternehmen müssen, um die Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Dabei kommt es für die Haftung nach § 832 Abs. 1 BGB stets darauf an, ob der Aufsichtspflicht nach den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falls genügt worden ist. Entscheidend ist daher nicht, ob der Erziehungsberechtigte allgemein seiner Aufsichtspflicht genügt hat, sondern ob dies im konkreten Fall und in Bezug auf die zur widerrechtlichen Schadenszufügung führenden Umstände geschehen ist. Die Aufsichtspflicht wird mithin zum einen durch Eigenschaften des aufsichtsbedürftigen Kindes und zum anderen durch die Schadensgeneigtheit des Unfallbereichs und der danach gegebenen und zu erwartenden konkreten Gefahrensituation bestimmt. Dabei hat der Aufsichtspflichtige in seine Überlegungen einzubeziehen, dass beides in einer inhaltlichen Wechselbeziehung steht. Je gefahrenträchtiger die objektiven Umstände sind, umso größere Anforderungen sind an die Eigenschaften und Fähigkeiten des Kindes zu stellen, um es unbeaufsichtigt lassen zu können. Umgekehrt müssen Defizite im Bereich der subjektiven Elemente zu größeren Anforderungen an die Aufsichtspflicht führen, und zwar auch dann, wenn sich das Kind in einem objektiv überschaubaren und vertrauten Bereich ohne besondere Gefahrenlage bewegt.

Die elterlichen Pflichten umfassen auch die sinnvolle Hinführung des Kindes zu einem selbstständigen, verantwortungsbewussten und umsichtigen Verhalten im Straßenverkehr. Das ist jedoch nur möglich, wenn das Kind auch altersgerecht Gelegenheit erhält, sich ohne ständige Beobachtung, Kontrolle und Anleitung selbst im Verkehr zu bewähren.

Kinder in einem Alter ab 5 Jahren dürfen ohne ständige Überwachung im Freien, etwa auf einem Spielplatz oder Sportgelände oder in einer verkehrsarmen Straße auf dem Bürgersteig, spielen und müssen dabei nur gelegentlich durch die Eltern beobachtet werden müssen. Dabei ist ein Kontrollabstand durch die Eltern von höchstens 30 Minuten ausreichend, um das Spiel von bisher unauffälligen Kindern außerhalb der Wohnung bzw. des elterlichen Hauses zu überwachen. Normal entwickelten Kindern im Alter ab 7,5 Jahren ist im Allgemeinen das Spielen im Freien auch ohne Aufsicht gestattet, wenn die Eltern sich über das Tun und Treiben in großen Zügen einen Überblick verschaffen (BGH, Urteil vom 24.03.2009, Az.: VI ZR 199/08).
 
 
 

Schadensersatzrecht – Rechtsanwälte Kotz

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Sonntag, 19. Mai 2013

Motorradunfall - Mitverschulden bei Nichttragen von Motorradschuhen?

Wird ein Motorradfahrer unverschuldet in einen Verkehrsunfall verwickelt, so trifft ihn kein Mitverschulden wenn er aufgrund des Nichtragens von Motorradschuhen verletzt wird. Es gibt kein allgemeines Verkehrsbewußtsein, dass das Tragen von Motorradschuhen zum eigenen Schutz eines Motorradfahrers erforderlich ist. Daher ist ein Mitverschulden eines verletzten Motorradfahrers, der im Unfallzeitpunkt z.B. Sportschuhe trug, zu verneinen. Eine gesetzliche Vorschrift zum Tragen von Motorradschuhen oder Motorradstiefeln existiert im Gegensatz zu Sicherheitsgurten oder Schutzhelmen (vgl. hierzu § 21 a StVO) nicht (OLG Nürnberg, Beschluss vom 09.04.2013, Az.: 3 U 1897/12).
 
Verkehrsunfall Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz
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Berufsunfähigkeitsversicherung kann keinen Arztbesuch oder Behandlung verlangen

Ein Versicherer, der bereits Leistungen aus einem Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag an den Versicherungsnehmer erbringt, kann von diesem keine psychiatrische Therapie oder sonstige ärztliche Untersuchung bzw. Behandlungen verlangen. Weder das Versicherungsvertragsgesetz – das nur für die Unfall-, nicht aber für die Berufsunfähigkeitsversicherung eine Obliegenheit zur Abwendung und Minderung der Folgen des Versicherungsfalls regelt (vgl. § 183 VVG) – noch ein Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag sehen eine Befugnis des Versicherers vor, von dem Versicherungsnehmer zu verlangen, medizinische Ratschläge entgegenzunehmen oder gar zu befolgen. Ohne eine vertragliche Grundlage im jeweiligen Berufsunfähigkeitsversicherungsvertrag muss ein Versicherungsnehmer keine die Heilung fördernde oder die Berufsunfähigkeit mindernde ärztliche Anordnung befolgen (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 17.10.2006, Az.: 5 W 258/06 – 78).
 
 

Versicherungsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Freitag, 17. Mai 2013

Falschbetankung – Reparaturkosten können als Werbungskosten abgesetzt werden

Durch eine Falschbetankung auf dem Weg vom Wohnort zur Arbeitsstelle und den dadurch herbeigeführten Motorschaden verursachte Reparaturaufwendungen sind als Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG steuermindernd bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen (Niedersächsisches Finanzgericht 9. Senat, Urteil vom 24.04.2013, Az.: 9 K 218/12).
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen. Zu den Erwerbsaufwendungen zählen beruflich veranlasste Fahrtkosten. Sie sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG mit den tatsächlich entstandenen Aufwendungen oder mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten abzugsfähig. Allerdings begrenzt § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (ab VZ 2014: erste Tätigkeitsstätte). Diese sind nur in Höhe der Entfernungspauschale abzugsfähig.
Mit diesen Kilometerpauschbeträgen gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts dazu die normalen, voraussehbaren Kosten, die dem Arbeitnehmer bei Benutzung des eigenen privaten PKW für berufliche Zwecke entstehen, abgegolten. Deshalb können insbesondere Kraftfahrzeugsteuern, Haftpflichtversicherungsprämien, übliche Reparaturkosten, Parkgebühren und Absetzung für Abnutzung nicht neben den Kilometer-Pauschbeträgen als Werbungskosten abgezogen werden. In den Pauschbeträgen sind indessen nicht berücksichtigt Unfallkosten und sonstige Kosten, die ihrer Natur nach außergewöhnlich sind und sich einer Pauschalierung entziehen. Zu den durch diese Norm nicht abgegoltenen Aufwendungen gehören – ähnlich den Reparaturkosten bei Motorschäden - auch die durch die Falschbetankung verursachten Aufwendungen. Auch derartige Kosten sind einer Pauschalierung nicht zugänglich und können daher neben der Entfernungspauschale als (normale) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG abgezogen werden, denn sie sind ohne Zweifel durch das Arbeitsverhältnis veranlasst.

 
 
 

Steuerrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Donnerstag, 16. Mai 2013

Regulierungsermessen der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung nach Verkehrsunfall

Nach einem Verkehrsunfall den man selbst verschuldet hat oder an dem man unter Umständen eine Mitschuld trägt, kann die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung auch ohne die Einwilligung des jeweiligen Versicherungsnehmers regulieren. Die Kfz-Haftpflichtversicherung verfügt nach A 1.1 AKB 2008 bzw. § 10 Abs. 5 AKB 2007 über eine sog. Regulierungsvollmacht. Grundsätzlich ist die Regulierungsvollmacht desr Kfz-Haftpflichtversicherung gemäß den AKB (= Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung), im Namen der versicherten Person alle ihr im Rahmen der Schadensregulierung zweckmäßig erscheinenden Erklärungen abzugeben, nicht beschränkt. Diese Vollmacht gibt der Versicherung im Innenverhältnis zu ihrem Versicherungsnehmer die Befugnis, die Schadensregulierung nach eigenem pflichtgemäßem Ermessen und unabhängig von Weisungen des Versicherungsnehmers durchzuführen. Der Versicherungsnehmer kann der Versicherung kein Regulierungsverbot auferlegen. Die Pflicht der Versicherung aus dem Versicherungsvertrag ist nach Eintritt des Versicherungsfalles darauf gerichtet, begründete Schadensersatzansprüche im Rahmen des übernommenen Versicherungsrisikos zu befriedigen und unbegründete Ansprüche abzuwehren. Ob die eigene Kfz-Haftpflichtversicherung freiwillig zahlt, oder ob sie die Zahlung ablehnt und es darauf ankommen lässt, ob der geschädigte Dritte seine Ansprüche gerichtlich geltend macht, entscheidet sie grundsätzlich nach ihrem eigenen Ermessen. Diesem Ermessen sind lediglich dort Grenzen gesetzt, wo die Interessen des Versicherungsnehmers berührt werden und wo diese deshalb die Rücksichtnahme der Versicherung verlangen. Der Versicherer verletzt die sich aus dem Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag ergebende Pflicht, auf die Interessen seines Versicherungsnehmers Rücksicht zu nehmen, wenn er eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung durchführt. Eine völlig unsachgemäße Schadensregulierung liegt vor, wenn die vom Unfallgegner geltend gemachten Ansprüche nach den gegebenen Beurteilungsgrundlagen eindeutig und leicht nachweisbar unbegründet sind. Bei der Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Versicherers über die Frage der Schadensregulierung abzustellen. Die Beweislast für eine schuldhafte Pflichtverletzung der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung trägt nach den allgemeinen im Zivilprozess geltenden Grundsätzen der Versicherungsnehmer, denn es handelt sich um eine ihm günstige - weil anspruchsbegründende – Tatsache (AG München, Urteil vom 04.09.2012, Az.: 333 C 4271/12 und AG Düsseldorf, Urteil vom 10.11.2010, Az.: 38 C 7609/10).
 
 

Verkehrsunfall Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Mittwoch, 15. Mai 2013

Ankündigung einer Krankmeldung nach Urlaubsablehnung - Kündigung


Bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte, ist ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Die Pflichtwidrigkeit der Ankündigung einer Krankschreibung bei objektiv nicht bestehender Erkrankung im Zeitpunkt der Ankündigung liegt in erster Linie darin, dass der Arbeitnehmer mit einer solchen Erklärung zum Ausdruck bringt, er sei notfalls bereit, seine Rechte aus dem Entgeltfortzahlungsrecht zu missbrauchen, um sich einen unberechtigten Vorteil zu verschaffen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 13.12.2011, Az.: 5 Sa 63/11).
 
 

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Dienstag, 14. Mai 2013

Krankentagegeldversicherung – Leistungspflicht bei teilweiser Arbeitsfähigkeit

In einer Krankentagegeldversicherung entfällt die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherungsnehmers nicht, wenn er lediglich zu einzelnen Arbeitstätigkeiten im Rahmen seiner Berufstätigkeit in der Lage ist, welche jedoch seine vollständige Berufsausübung nicht ermöglichen. Die Krankentagegeldversicherung ist in diesen Fällen dazu verpflichtet, dass vertraglich vereinbarte Krankentagegeld an den Versicherten – auch über mehrere Jahre – weiterzuzahlen (BGH, Urteil vom 03.04.2013, Az.:  IV ZR 239/11).
 
 

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Montag, 13. Mai 2013

Facebook – Arbeitgeberbezeichnung als „armseliger Saftladen“ und „Drecksladen" zulässig

Verletzt ein Arbeitnehmer durch ehrverletzende Äußerungen das nach § 823 Abs. 1, 2 BGB geschützte Persönlichkeitsrecht eines anderen Arbeitnehmers oder des Arbeitgebers, kann der Verletzte von diesem die Unterlassung und den Widerruf der ehrverletzenden Äußerungen verlangen. Ob ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht durch eine ehrverletzende Äußerung objektiv rechtswidrig ist, hängt wesentlich davon ab, inwieweit es sich hierbei um eine zulässige Ausübung der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG handelt. Wobei selbst polemische und beleidigende Werturteile des Arbeitnehmers in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen. Die Grenze wird überschritten, wenn es sich um sogenannte „Schmähkritik“ handelt, die nur noch auf Verunglimpfung abzielt und für die Meinungsbildung keine Rolle mehr spielt. Bei der Bezeichnung des Arbeitgebers auf dem Facebook-Profil eines Arbeitnehmers als „Drecksladen“ und „armseliger Saftladen“ handeltet es sich zwar um Formalbeleidigungen, jedoch war die Verwendung dieser Begriffe im vorliegenden Fall nach Auffassung des Arbeitsgerichts Bochum innerhalb eines Dialogs auf dem Facebook-Profil des Arbeitnehmers von dessen Meinungsfreiheit gedeckt. In Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Beleidigungen des Arbeitgebers in vertraulichen Gesprächen mit Arbeitskollegen oder Freunden, wird man die vorliegenden Äußerungen im Rahmen von privaten Gesprächen – wenn auch in einem Internetchat – noch als zulässig erachten müssen. Fallen in vertraulichen Gesprächen mit Arbeitskollegen oder Freunden ehrverletzende Äußerungen über den Arbeitgeber oder Vorgesetzte, so ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Arbeitnehmers nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen. Der Arbeitnehmer darf anlässlich solcher Gespräche regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen würden nicht nach außen getragen. Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts nicht schutzwürdig wären, genießen in Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht. Diese Grundsätze sind auf Dialoge im Internet und geltend gemachte Unterlassungsansprüche zu übertragen. Aufgrund des technischen Wandels ersetzt ein Chat im Internet immer häufiger das persönlich gesprochene Wort. Solange diese Dialoge nicht für jedermann zugänglich sind, sondern nur für einen überschaubaren Kreis von Personen bzw. Freunden, handelt es sich noch um ein vertrauliches „Gespräch“, in dem die Wortwahl gegenüber dem Arbeitgeber auch mal drastischer ausfallen kann. Insbesondere dann, wenn die Äußerungen – wie hier – im Zusammenhang mit einer Entlassung und Lohnrückständen stehen, ist es dem Arbeitnehmer zu verzeihen, wenn er emotional reagiert und die Wortwahl drastisch ausfällt.
 
 

Arbeitsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Sonntag, 12. Mai 2013

Fahrerflucht – Entziehung der Fahrerlaubnis

Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht oder eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, wird nach § 142 StGB bestraft.

Der Anwendungsbereich des § 142 StGB ist nur auf Unfälle im öffentlichen Straßenverkehr begrenzt. Auf Unfälle die nicht im öffentlichen Straßenverkehr stattfinden und auf Eigenschäden findet § 142 StGB keine Anwendung. Die Beschädigung eines Fahrzeugs auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums durch einen Einkaufswagen, der z.B. während des Ausladens wegrollt, stellt keinen Unfall im Straßenverkehr dar und kann eine Strafbarkeit nach § 142 StGB nicht begründen. Ein Unfall ist ein plötzliches Ereignis, das zur Verletzung oder Tötung eines Menschen oder zu einer nicht belanglosen Sachbeschädigung geführt hat und mit den typischen Gefahren des Straßenverkehrs in einem ursächlichen Zusammenhang steht. Schäden, die ganz unbedeutend sind, scheiden nach dem Schutzzweck des § 142 StGB, der den zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch des Geschädigten sichern soll, aus.

Die Bagatellgrenze für unbedeutende Schäden ist allerdings umstritten. Die Bagatellgrenze wird von der Rechtsprechung und der Literatur in einem Bereich von 20,00 Euro bis 150,00 Euro angesetzt. Die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur setzt die Bagatellgrenze zur Zeit bei 50,00 Euro an.

Welche Wartezeit nach einem Verkehrsunfall am Unfallort angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (z.B. Schwere des Unfalls, Höhe des Schadens, Unfallort, Tageszeit, Witterung und Verkehrsdichte). Ersatzmaßnahmen wie das Zurücklassen eines Zettels mit persönlichen Angaben ersetzen die Wartepflicht grundsätzlich nicht, sondern sind allenfalls dazu geeignet, die Wartepflicht zu verkürzen.

Entfernt sich ein Fahrzeugführer unerlaubt von einem Unfallort, obwohl er weiß oder wissen kann, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht nur unerheblich verletzt worden oder an einer fremden Sache ein bedeutender Schaden entstanden ist, so ist er in der Regel nach § 69 StGB als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen und muss mit einer Entziehung seiner Fahrerlaubnis rechnen. Ein bedeutender Fremdschaden liegt vor, wenn sich die Schadenshöhe auf ca. 1.300,00 Euro (umstritten – teilweise wird eine Wertgrenze bis 2.500 Euro angenommen) beläuft.
 


Verkehrsstrafrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Rechtschutzversicherung . zwei unwirksame Klauseln



Der Bundesgerichtshof hat nunmehr entschieden, dass, die von vielen Rechtschutzversicherungen verwendete „Effektenklausel“ und die „Prospekthaftungsklausel“ in ihren Versicherungsbedingungen unwirksam sind. Nach den beiden vorgenannten Versicherungsklauseln gewähren Rechtschutzversicherungen keinen Kostendeckungsschutz „für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)“. Diese „Effektenklauseln“ und die „Prospekthaftungsklauseln“ sind jedoch für einen Laien nicht nachvollziehbar und daher nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam. Rechtschutzversicherungen in deren Verträgen die „Effektenklauseln“ und die „Prospekthaftungsklauseln“ enthalten sind, können sich auf diese Ausschlussklauseln nicht mehr berufen und müssen ihren Versicherungsnehmern Kostendeckungsschutz für rechtliche Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten oder bei rechtlichen Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen gewähren (BGH, Urteile vom 08.05.2013, Az.: IV ZR 84/12 und IV ZR 174/12.

Versicherungsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Freitag, 10. Mai 2013

Auskunftsanspruch eines Stellenbewerbers über Personalentscheidung des Arbeitgebers


Ein Anspruch eines Stellenbewerbers auf Auskunft über die Gründe der Absage bzw. auf Auskunft über die vom Arbeitgeber getroffene Personalentscheidung besteht grundsätzlich nicht. Dem Stellenbewerber steht generell kein Auskunftsanspruch aus einem vorvertraglichen Schuldverhältnis bzw. nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gegenüber dem potentiellen Arbeitgeber zu. Auch das AGG fingiert weder das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Bewerber und dem Arbeitgeber noch bestimmt es, dass einem Bewerber allgemein die gleichen Rechte und Pflichten wie einem Arbeitnehmer in einem bestehenden Arbeitsverhältnis zukommen. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG regelt nur, dass Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis als Beschäftigte im Sinne des AGG gelten (BAG, Urteil vom 20.5.2010, Az.: 8 AZR 287/08 (A)). Die europäischen Richtlinien sehen ebenfalls keinen ausdrücklichen Auskunftsanspruch vor (EuGH, Urteil vom 19.04.2012, Az.: C-415/10).
 
 
 

Arbeitsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Verkehrsunfall – Hat die gegnerische Kfz-Haftpflicht-Versicherung ein Recht zur Fahrzeugbesichtigung/Nachbesichtigung?

Dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers steht regelmäßig kein Anspruch auf die Besichtigung bzw. Nachbesichtigung des unfallbeschädigten Fahrzeugs des Geschädigten zu, außer wenn z.B. ein begründeter Verdacht auf eine Unfallmanipulation vorliegt oder wenn von der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers behauptet wird, dass bestehende Vorschäden am Fahrzeug durch den Geschädigten verschwiegen worden sind.
 
 

Nach den Bestimmungen des Versicherungsvertragsgesetzes in § 119 Absatz 3 Satz 2 VVG hat der Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers zwar das Recht, vom Geschädigten Auskunft über die Höhe der entstandenen Schäden zu verlangen, soweit dies zur Feststellung des Schadensereignisses und der Höhe des Schadens erforderlich ist. Der Geschädigte ist zur Vorlegung von Schadensbelegen jedoch nur insoweit verpflichtet, als ihm die Beschaffung derselben zugemutet werden können. Der Geschädigte schuldet gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers in diesem Zusammenhang nicht die Vorstellung seines verunfallten Fahrzeugs zu einer Besichtigung durch Beauftragte der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers. Zwar wird eine Fahrzeugbesichtigung bzw. Nachbesichtigung einen Geschädigten in der Regel nicht über Gebühr belasten, andererseits ergibt sich eine solche Verpflichtung nicht aus dem Gesetz und der Geschädigte schuldet auch keine Begründung dafür, warum er sein Fahrzeug nicht besichtigen lassen will. Legt der Geschädigte der Kfz-Haftpflichtversicherung des Schädigers ein mit Lichtbildern des Fahrzeugs und aller daran festgestellten Schäden versehenes Schadensgutachten eines zertifizierten Kfz-Sachverständigen vor, in welchem nicht nur die Schäden beschrieben sind, sondern auch deren genaue Lage am Fahrzeug und ihr Umfang sowie die zur Beseitigung erforderlichen Arbeiten verzeichnet sind, genügt dies der dem Geschädigten in § 119 Abs. 3 S. 2 VVG auferlegten Pflicht. Die Überlassung eines beschädigten Gegenstandes zu Prüfungszwecken ist etwas grundsätzlich anderes als die Vorlegung von Belegen. Deshalb steht dem Kfz-Haftpflichtversicherer des Schädigers regelmäßig kein Anspruch auf die Besichtigung bzw. Nachbesichtigung des unfallbeschädigten Fahrzeuges zu. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn z.B. ein begründeter Verdacht auf eine Unfallmanipulation vorliegt oder von der gegnerischen Kfz-Haftpflichtversicherung behauptet wird, dass der Geschädigte bestehende Vorschäden an seinem Fahrzeug verschwiegen hat (vergleiche BGH, ZfSch 1989, 299; LG München, Urteil vom 20.12.1990, Az.: 19 S 11609/90; LG Kleve, Urteil vom 29.12.1998, Az.: 3 O 317/98 – in diesem wird ausgeführt: „Grundsätzlich darf der Geschädigte seinen Schaden allein auf der Grundlage des von ihm eingeholten Gutachtens abrechnen, sofern dieses Gutachten nicht derart gravierende Mängel aufweist, dass dessen Mangelhaftigkeit auch für ihn ohne weiteres erkennbar ist. Ein Anspruch auf Nachbesichtigung des Unfallfahrzeuges steht dem Schädiger grundsätzlich nicht zu.“; AG Hannover; Urteil vom 10.12.2010; Az.: 408 C 5293/10; AG Ansbach, Beschluss vom 15.07.2010, Az.: 3 C 2406/09; Landgericht Berlin, Urteil vom 13.07.2011, 42 O 22/10; AG Solingen, Urteil vom 14.12.2007; Az.: 11 C 236/05).

Verkehrsunfall Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Donnerstag, 9. Mai 2013

Fristenregelung in Unfallversicherungsverträgen wirksam?

Viele Unfallversicherungsverträge sehen vor dass eine unfallbedingte Invalidität 12 Monate nach dem Unfall eingetreten sein muss und die Invalidität innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und gegenüber der Versicherung geltend gemacht sein muss. Diese Regelung in den Unfallversicherungsbedingungen benachteiligt den Versicherungsnehmer nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 BGB und ist wirksam. Ebenso wenig ist die Regelung intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es handelt sich bei der Fristenregelung für die ärztliche Feststellung der Invalidität und Geltendmachung um eine Anspruchsvoraussetzung, mit der Spätschäden im Interesse einer rationellen, arbeits- und kostensparenden Abwicklung unabhängig von einer früheren Erkennbarkeit und einem Verschulden des Versicherungsnehmers vom Versicherungsschutz ausgenommen werden sollen. Nur in Ausnahmefällen ist es dem Versicherer verwehrt, sich auf eine Fristversäumnis zu berufen. Dem Versicherer ist es verwehrt, sich auf ein Fristversäumnis zu berufen, wenn er noch nach Fristablauf eine „Reihe von ärztlichen Untersuchungen und Explorationen“ des Versicherungsnehmers veranlasst, die mit erheblichen körperlichen und seelischen Unannehmlichkeiten verbunden sind (BGH, Urteil vom 20.06.2012, Az.: IV ZR 39/11).
 
 

Versicherungsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Mittwoch, 8. Mai 2013

Hausdurchsuchung beim Mieter – Schadensersatzanspruch Vermieter

Dem Vermieter einer Wohnung steht für Schäden, die im Zuge einer rechtmäßigen Hausdurchsuchung der Wohnung des Mieters im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen diesen durch Polizeibeamte verursacht worden sind, grundsätzlich ein Ersatzanspruch aus enteignendem Eingriff gegenüber dem Land zu. Der enteignende Eingriff stellt einen zwangsweisen staatlichen Zugriff auf das Eigentum eines Einzelnen dar, der den Betroffenen im Vergleich zu anderen entgegen dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz ungleich behandelt, beziehungsweise trifft und ihn zu einem besonderen, den übrigen nicht zugemuteten Opfer für die Allgemeinheit zwingt. Ein Anspruch aus enteignendem Eingriff gegenüber dem Land ist jedoch in der Regel zu verneinen, wenn der Vermieter weiß beziehungsweise davon erfährt, oder es sich ihm aufdrängen muss, dass die Wohnung des Mieters für die Begehung von Straftaten, die Lagerung von Diebesgut oder von Drogen benutzt wird oder werden soll, und er gleichwohl einen Mietvertrag mit diesem abschließt oder von einem Kündigungsrecht gegenüber dem Mieter keinen Gebrauch macht (BGH, Urteil vom 14.03.2013, Az.: III ZR 253/12).
 
 

Mietrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Dienstag, 7. Mai 2013

Fahrspurwechsel ohne Schulterblick – Haftung bei Verkehrsunfall

Kommt es zu einem Verkehrsunfall, weil ein Fahrzeugführer die Fahrspur wechselt ohne hierbei einen Schulterblick zu tätigen, so haftet er zu 100 % für den von ihm verursachten Sachschaden. Die Betriebsgefahr des vom Geschädigten geführten Fahrzeugs tritt aufgrund des grob verkehrswidrigen Verhaltens des schädigenden Fahrzeugführers vollständig zurück. Dies gilt auch dann, wenn sich nicht feststellen lässt, ob der Geschädigte die zulässige Höchstgeschwindigkeit eingehalten hat oder nicht (LG Freiburg, Urteil vom 21.05.2012, Az.: 8 O 21/12).
 
 

Verkehrsunfall Siegen – Rechtsanwälte Kotz

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Verpasster Anschlussflug - Anspruch auf Ausgleichszahlung?

Verpasst ein Fluggast wegen eines verspäteten Zubringerflugs seinen Anschlussflug und kommt er deshalb erst mit erheblicher Verspätung an seinem Reiseziel an, so steht ihm eine Ausgleichzahlung nach Art. 7 Fluggastrechteverordnung 261/2004/EG gegenüber der Fluglinie zu, die die Verspätung verursacht hat (BGH, Urteil vom 07.05.2013, Az.: X ZR 127/11).

Art. 7 Fluggastrechteverordnung

Ausgleichsanspruch

(1) Wird auf diesen Artikel Bezug genommen, so erhalten die Fluggäste Ausgleichszahlungen in folgender Höhe:

a) 250 EUR bei allen Flügen über eine Entfernung von 1500 km oder weniger,

b) 400 EUR bei allen innergemeinschaftlichen Flügen über eine Entfernung von mehr als 1500 km und bei allen anderen Flügen über eine Entfernung zwischen 1500 km und 3500 km,

c) 600 EUR bei allen nicht unter Buchstabe a) oder b) fallenden Flügen.

Bei der Ermittlung der Entfernung wird der letzte Zielort zugrunde gelegt, an dem der Fluggast infolge der Nichtbeförderung oder der Annullierung später als zur planmäßigen Ankunftszeit ankommt.

 


Reiserecht Siegen/Kreuztal Rechtsanwälte Kotz

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Montag, 6. Mai 2013

Verkehrsunfallflucht / Fahrerflucht – Bagatellgrenze des eingetretenen Schadens

Nicht jedes Schadensereignis im Straßenverkehr stellt einen „Verkehrsunfall“ dar, der den Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 StGB (umgangssprachlich „Fahrerflucht“) verwirklicht. Schäden, die ganz unbedeutend sind, scheiden nach dem Schutzzweck des § 142 StGB, der den zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch des Geschädigten sichern soll, aus. Die Bagatellgrenze für unbedeutende Schäden ist allerdings umstritten. Die Bagatellgrenze wird von der Rechtsprechung und der Literatur in einem Bereich von 20,00 Euro bis 150,00 Euro angesetzt. Die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung und Literatur setzt die Bagatellgrenze zur Zeit bei 50,00 Euro an (OLG Nürnberg, Beschluss vom 24.01.2007, Az.: 2 St OLG Ss 300/06). Schadensereignisse im Straßenverkehr, die einen Schaden von mehr als 50,00 Euro verursacht haben, verwirklichen den Tatbestand des unerlaubten Entfernens vom Unfallort nach § 142 StGB, wenn sich der Fahrzeugführer vom Unfallort entfernt, bevor er zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, daß er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne daß jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen.
 
 

Verkehrsrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Sonntag, 5. Mai 2013

Pflichtteilsanspruch - Verjährung

Der Pflichtteilsanspruch verjährt in 3 Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an. Für den Beginn der Verjährung des Pflichtteilsanspruchs kommt es nicht auf die Kenntnis des Pflichtteilsberechtigten von Zusammensetzung und Wert des Nachlasses an. Die Verjährungsfrist beginnt nicht erneut zu laufen, wenn der Pflichtteilsberechtigte erst später von der Zugehörigkeit eines weiteren Gegenstandes zum Nachlass erfährt (BGH, Urteil vom 16.01.2013, Az.: IV ZR 232/12).
 
 

Erbrecht Siegen/Kreuztal – Rechtsanwälte Kotz

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Schadensgutachten der Versicherung – Einsichtnahme durch Versicherungsnehmer


Ein Versicherungsnehmer hat nach § 810 BGB einen Anspruch auf Einsichtnahme in ein von der Versicherung eingeholtes Schadensgutachten. Ein rechtliches Interesse an einer Einsichtnahme in das Schadensgutachten durch den Versicherungsnehmer besteht immer, wenn dies der Förderung, Erhaltung oder Verteidigung seiner rechtlich geschützten Position dienen soll. Der Versicherungsnehmer hat daher in der Regel immer ein berechtigtes Interesse daran zu erfahren, welche Feststellungen der Sachverständige der Versicherung in einem Schadensfall im Einzelnen getroffen hat.

Wie sich aus § 85 VVG ergibt, obliegt die Ermittlung über die Ursache und die Höhe des Versicherungsschadens dem Versicherer. Der Versicherungsnehmer kann im Schadensfall zwar auch selbst Ermittlungen anstellen. Er wird aber in der Regel von der Hinzuziehung eines Sachverständigen absehen, denn solche Kosten werden ihm gemäß § 85 Abs. 2 VVG grundsätzlich nicht erstattet. Das beruht auf der Erwägung, dass der Versicherer den vom Versicherungsnehmer geltend gemachten Schaden im Interesse aller Versicherungsnehmer ohnehin prüfen und bewerten muss. Er ist dazu auch besser in der Lage als der Versicherungsnehmer; denn er muss zahlreiche gleichartige Schadensfälle regulieren und hat deshalb Vergleichsmöglichkeiten und Erfahrungen, verfügt über fachkundige Mitarbeiter und regelmäßig über Geschäftsverbindungen zu Sachverständigen. Seine Schadensermittlung stellt in der Regel eine ausreichende Verhandlungsgrundlage für die Schadensregulierung dar und macht meistens eigene Aufwendungen des Versicherungsnehmers überflüssig. Ist der Versicherungsnehmer in dieser Weise auf die Schadensermittlung des Versicherers angewiesen, muss er, damit Waffengleichheit herrscht, auch Auskunft über und Einsicht in das Ergebnis des Sachverständigen erhalten. Das ergibt sich auch daraus, dass das Versicherungsverhältnis in besonderem Maße von Treu und Glauben geprägt ist und der Versicherer seine überlegene Finanzkraft und Sachkunde nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers ausnutzen darf (LG Oldenburg, Urteil vom 09.12.2011, Az.: 13 O 1604/11).




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