Die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung
auf einer Autobahn setzt zum einen Kenntnis von der bestehenden
Geschwindigkeitsbeschränkung und zum anderen Kenntnis von ihrer Überschreitung
voraus. Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung wird davon ausgegangen, dass
ordnungsgemäß aufgestellte Vorschriftszeichen von Verkehrsteilnehmern in aller
Regel wahrgenommen werden, auch wenn es dazu keine genauen, durch
wissenschaftliche Erhebungen gesicherten Erkenntnisse geben mag. Die
Möglichkeit, dass der Betroffene das Vorschriftszeichen übersehen hat, brauchen
die Gerichte nur in Rechnung zu stellen, wenn sich hierfür Anhaltspunkte
ergeben oder der Betroffene dies im Verfahren einwendet. In der
obergerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei erheblichen
Geschwindigkeitsüberschreitungen in der Regel von vorsätzlicher Begehungsweise
ausgegangen werden kann, wenn anhand der Motorengeräusche, der sonstigen
Fahrgeräusche, der Fahrzeugvibration und anhand der Schnelligkeit, mit der sich
die Umgebung ändert, der Fahrer zuverlässig einschätzen kann und dadurch
erkennt, dass er die erlaubte Höchstgeschwindigkeit wesentlich überschreitet.
Bei „erheblichen“ Geschwindigkeitsüberschreitungen im Sinne dieser
Rechtsprechung handelt es sich um Werte von
- 38,75 % (Kammergericht, Beschluss vom 16.06.1999, 2 Ss
130/99),
- 40 % (Kammergericht, Beschluss vom 29.09.2000, 2 Ss
218/00; OLG Koblenz, DAR 1999, 227),
- 45 % (OLG Celle, NZV 2011, 618) und
- 50 % (OLG Karlsruhe, NStZ-RR 2006, 249).
Demgegenüber kann bei niedrigeren Geschwindigkeitsüberschreitungen,
etwa
- 32 % (OLG Brandenburg, DAR 2008, 532), bzw.
- 23,75 % (OLG Jena, DAR 2008, 35)
eine Verurteilung wegen vorsätzlicher Überschreitung der
Geschwindigkeit nicht allein aus der Höhe der Überschreitung abgeleitet werden,
sondern es müssen weitere Indizien herangezogen werden, wie etwa das Vorliegen
von mehreren Geschwindigkeitsverstößen in engem zeitlichen und räumlichen
Zusammenhang.
Bußgeld Siegen/Kreuztal/Olpe – Rechtsanwälte Kotz