Ob Grillgeruch, Lärm oder ein herüberhängender Ast vom
Nachbargrundstück - Ursachen, die einen Streit unter Nachbarn heraufbeschwören
können, gibt es viele. Doch was muss ich mir tatsächlich gefallen lassen und wo
sind die Grenzen? Das Nachbarrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen
Nachbarn an der Grundstücksgrenze. Eine kurze Übersicht über ihre Rechte und
Pflichten bietet Ihnen diese Broschüre. Vornehmlich wird dabei auf das Recht im
Bundesland Nordrhein-Westfalen eingegangen.
Die gesetzlichen Grundlagen des Nachbarrechts
Das private Nachbarrecht wird unter anderem im Bürgerlichen
Gesetzbuch (BGB, §§ 903 - 924, 1004) und in den Nachbarrechtsgesetzen der
Länder geregelt. In Nordrhein-Westfalen ist dies das Nachbarrechtsgesetz NRW
(NachbG NRW). Neben diesen wichtigsten Rechtsgrundlagen gibt es eine Vielzahl
anderer Vorschriften. So kommen etwa zu den Gesetzen des privaten Nachbarrechts
auch Gesetze aus dem öffentlich-rechtlichen Nachbarrecht. Beispielhaft zu
nennen sind die Landesbauordnung, das Landespflegegesetz und das
Immissionsschutzgesetz.
Anwendung der Gesetze
Alle nachbarrechtlichen Rechtsvorschriften zielen auf ein
einvernehmliches Zusammenleben unter Nachbarn ab. Das wichtigste Mittel dies zu
erreichen, ist dabei die Verständigung untereinander. Im Gegensatz zu den
meisten öffentlich-rechtlichen Gesetzen, die -sofern keine besonderen Ausnahmen
vorliegen- so gut wie immer zwingend von allen Bürgern einzuhalten sind, bietet
das private Nachbarecht Spielraum, sich auch außerhalb des gesetzlichen Rahmens
zu einigen und Vereinbarungen zu treffen, die den nachbarschaftlichen Frieden
gewährleisten.
So können zum Beispiel bestimmte Grenzabstände von Bäumen
oder Hecken individuell vereinbart werden. Solche Absprachen sind grundsätzlich
frei von jeder Form. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, empfiehlt es sich
jedoch, solche Vereinbarungen schriftlich festzuhalten.
Das Verfahren - Besonderheiten in NRW
Sieht man keine andere Möglichkeit einen Konflikt mit seinem
Nachbarn zu lösen, als zu klagen, ist unbedingt zu beachten, dass nach § 53
Justizgesetz NRW (ehemals § 10 des Gütestellen- und Schlichtungsgesetzes NRW)
eine Klage vor Gericht erst dann zulässig ist, wenn zuvor der Versuch einer
außergerichtlichen Schlichtung bei einer Gütestelle stattgefunden hat und
dieser erfolglos war.
Wieviel Lärm muss man dulden?
Lärm ist der häufigste Grund, der zu Streit unter Nachbarn
führt. Musik (aus der Stereoanlage oder selbsterzeugt), Rasenmäher,
Hundegebell, spielende Kinder und vieles mehr verursachen oft einen sehr hohen
Geräuschpegel. Was man als Nachbar ertragen muss und was nicht haben die
Gerichte in unzähligen Einzelfallentscheidungen beurteilt. Grundsätzlich aber
gilt, dass Lärm generell nicht verursacht werden darf und nur ortsüblicher und
nicht wesentlich störender Lärm geduldet werden muss (§ 906 BGB). Anhaltspunkte
bieten einzelne Vorschriften wie die Freizeitlärmrichtlinie oder die Geräte-
und Maschinenlärm-verordnung. Unterscheiden muss man auch zwischen Lärm am Tag
und in der Nacht, oder zu speziellen Ruhezeiten.
Will man gegen den Lärmverursacher vorgehen, ist es ratsam
ein Lärmprotokoll (Dauer, Häufigkeit und Uhrzeit des Lärms) anzufertigen oder
Zeugen hinzuzuziehen.
Unter Umständen kann Lärm auch zu einer Minderung des
Mietpreises führen.
Auch für Grillfeste gilt das Gebot der gegenseitigen
Rücksichtnahme. Jeder Lärm ist grundsätzlich zu vermeiden. Nachbarn müssen
solche Feste nur im üblichen Maße hinnehmen. Häufigkeit (nach herrschender
Meinung übrigens bis zu vier Mal im Jahr) und Uhrzeit spielen in diesem
Zusammenhang eine Rolle. Einen Anspruch, einmal im Monat laut sein und die
Nachbarn stören zu dürfen, gibt es -trotz weitverbreiteter Meinung- nicht.
Vielmehr muss man auch an Grillabenden ab 22.00 Uhr den Geräuschpegel im Garten
auf Zimmerlautstärke senken. Sollten die Gäste dennoch zu laut sein, kann dies
dem Gastgeber zugerechnet werden.
Auch Silvester-, Karneval-, und Hochzeitenveranstaltungen
rechtfertigen grundsätzlich keine laute Feier bis in die frühen Morgenstunden
im Freien, es sei denn, dass diese von den Gerichten als „ortsüblich“ angesehen
werden.
Gerüche aus Nachbars Garten
Ähnlich wie beim Lärm, verhält es sich bei Gerüchen, die aus
dem benachbarten Garten stammen. Auch diese müssen bis zu einem bestimmten Maß
geduldet werden, wenn sie als ortsüblich und nicht wesentlich angesehen werden.
Einen Komposthaufen muss man dulden, solange der von ihm ausgehende Geruch
keine wesentliche Beeinträchtigung darstellt, oder eine Gefahr durch
Ungezieferbefall von ihm ausgeht. Allein ein hässlicher Anblick ist kein Grund
für einen Unterlassungsanspruch. Allerdings ist bei der Wahl des Aufstellortes
seines Komposthaufens das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu beachten.
Bei großen Grundstücken sollte daher eine möglichst weit vom Nachbargrundstück
entfernt gelegene Stelle gewählt werden. Ein Platzieren eines Komposthaufens
aus Schikane gegenüber dem Nachbarn ist somit unrechtmäßig.
Pflanzen, Sträucher und Bäume
Immer wieder sorgen herüberragende Äste, Wurzeln oder Laub
für Ärger.
Wurzeln, die vom Nachbargrundstück herüberwachsen und das
eigene Grundstück beeinträchtigen, darf man eigenständig entfernen oder
entfernen lassen. Jedoch empfiehlt es sich dem Besitzer zunächst eine Frist zur
eigenständigen Beseitigung zu setzen. Bei überhängenden Ästen, muss dem
Besitzer des Nachbargrundstücks zuvor eine angemessene Frist zur Beseitigung
gestellt werden, bevor man diese selbst vornimmt. Gegen herüberfallendes Laub
dagegen kann man nur in seltenen Ausnahmefällen etwas unternehmen, da dies als
ortsüblich angesehen werden muss. Durch Laub entstehende erhebliche
Reinigungsarbeiten können aber unter Umständen ersetzt verlangt werden.
Verwildert der Nachbargarten, so ist dies einem oft „ein Dorn im Auge“. Dagegen
vorgehen kann man allerdings nur, wenn dadurch zum Beispiel erhebliche Samen-
und Blütenmengen auf das eigene Grundstück gelangen und der eigene Garten
dadurch in hohem Maße beeinträchtigt wird. Hingegen reichen rein ästhetische
Gründe und abweichende Vorstellungen eines schönen Gartens nicht aus, seinen
Nachbarn auf gerichtlichem Wege erfolgreich zu einer Umgestaltung seiner
Gartenanlage zu bewegen. Fallen nicht nur Samen oder Blüten, sondern ganze
Früchte vom Nachbargrundstück auf das eigene, so darf man diese hingegen
behalten. Für Hecken und Bäume sieht das
Nachbarrechtsgesetz (NachbG NRW)in Streitfällen spezielle Abstände zum
benachbarten Grundstück vor. Je nach Größe und Wachstum liegen diese zwischen
0,5 und 4,0 Metern.
Tierhaltung
Das Halten von Hunden, Katzen und anderen Kleintieren gehört
zur üblichen Grundstücksnutzung und ist grundsätzlich nicht verboten. In
Mietwohnungen wird die Haltung meist durch die Hausordnung geregelt. Untersagen
kann man die Tierhaltung erst, wenn von einem Tier eine Gefahr ausgeht, oder
erhebliche Lärm- oder Geruchbelästigungen entstehen. Entsteht durch ein Tier
ein Schaden, muss der Tierhalter dafür haften, auch ohne Verschulden.
Zäune
In den meisten Fällen kann frei entschieden werden, ob man
eine Einfriedung seines Grundstücks vornimmt oder nicht. Darüber hinaus kann es
aber sein, dass das Errichten von Zäunen von öffentlicher Seite zwingend
vorgeschrieben, oder umgekehrt gerade verboten ist. Oft finden sich solche
Bestimmungen in den Anlagen zu Bebauungsplänen (gerade in Neubaugebieten). Auch
für Zäune gilt als Maßstab für Art, Höhe, Duldung oder Notwendigkeit einer
Errichtung, ob diese als ortsüblich anzusehen sind.
Rechtsberatung Rechtsanwälte Kotz Siegen/Kreuztal/Olpe